Antwort

Abgeschickt von John am 15 Juli, 2002 um 11:27:10:

Antwort auf: Re: Trotz der deftigen Sprache lasse ich den Artikel drin. von Andreas am 25 Juni, 2002 um 08:15:39:

: Allerdings habe ich nun die Kraftausdrücke etwas abgeändert. Ich hoffe, das ist in Ordnung. Der Sinn wird jedenfalls nicht verfälscht.

Jo, ich bin wg. der Wortwahl vielleicht nicht ganz so empfindlich wie du, aber mit "Hintern" statt "Arsch" kann ich leben ;)

: Ist es wirklich nicht verifizierbar? Das Üble ist ja, dass in den meisten Gemeinden es tatsächlich nicht zu erkennen ist.

Nun bin ich aber verwirrt: WER oder was verspricht das Heil? Doch wohl Gott bzw. Jesus, transportiert über das Offenbarungswerk Bibel? Gemeinden können dieses Heilsversprechen vielleicht verschieden interpretieren, aber niemals "geben".

: Es gibt aber auch Gemeinden, die konsequent nur die Lehren Gottes betrachten und danach Leben.

Sind wir uns einig, dass das, was als "die Lehren Gottes" betrachtet werden kann, höchst unterschiedlich interpretiert wird und wurde? Die von dir so gelobten Gemeinden leben vielleicht nach der Interpretation ganz anderer Gemeinden mitnichten konsequent nach den Lehren Gottes? Kann doch sein, oder?

: Ausserdem bin ich sicher, dass Jesus vor ca. 2000 Jahren gelebt hat.

Ganz sicher ist höchstens, dass der Jesus, wie er im NT beschrieben wird, nie gelebt hat. In der Theologie und Geschichtswissenschaft ist die Festlegung darauf, was "echte" Jesusworte sind, höchst umstritten. Einig ist man sich weitgehend, dass es Bruchteile sind. Die Bergpredigt hat Jesus mit (historischer) 99,9%iger Sicherheit nie gehalten. Jesus Christus ist eine Kunstfigur, ein mythisches Sammelsumium zahlreicher religiöser Vorbilder, maßgeblich geprägt von Paulus, der Jesus nie persönlich kennengelernt hatte und erst nach Jesu Tod zu dessen Anhänger wurde (ich denke, ich erzähle dir da nix Neues).

: Selbst, wenn das Neue Testament in Teilen nicht wahr wäre, muss er doch einiges großartiges getan haben, sonst wäre die Reaktion der Welt nicht so stark gewesen.

Die Reaktion war nicht nur gering, sondern fand gar nicht statt. Es gibt keine zeitgenössischen Quellen, die Jesus erwähnen. Soo großen Eindruck kann er mithin nicht gehabt haben.

: Die Christen damals waren jedenfalls 100% vom Heilsversprechen überzeugt.

Dazu finde ich die Aussagen des ev. Theologen Lüdemann sehr überzeugend. Er erklärt das Verhalten der ersten Christen nach Jesu Tod psychologisch sehr schlüssig. Gib mal "Lüdemann" bei Google ein. Ganz abgesehen davon: Jesu Heilversprechen bzw. das, woran seine Jünger glaubten, bezog sich auf die Erwartung der nahen Endzeit. Die Jünger glaubten an das Ende der Welt bzw. das Kommen Gottes ZU IHREN LEBZEITEN. Eine Weltreligion begann also mit einem ganz fundamentalen Irrtum seines Gründers (der genau aus diesem Grund nie eine Kirche oder Religion gründen wollte - unsinnig, wenn das Ende der Welt vor der Tür steht).

: Die Menschen interessieren sich allerdings für alle möglichen Dinge, ohne vorher konditioniert worden zu sein. Wichtig ist meist nur, dass sie sehen, dass andere damit irgendwie besser leben, sich das ganze gut anhört oder Spaß macht.

Ich hoffe, ich missinterpretiere jetzt nicht zu viel, aber demnach "glaubst" du aus utilitaristischen ("besser leben"), romantischen ("sich das ganze gut anhört") oder gar hedonistischen ("Spaß macht") Motiven. Der Vorwurf von einigen Gläubigen an Atheisten lautet ja sinnigerweise, dass letzteren die Moral nur aus Nützlichkeitserwägungen wichtig sei. Dem steht aber gegenüber, dass Atheisten aus Menschenfreundlichkeit anderen Menschen helfen: Sie erhalten keinen göttlichen Lohn, dürfen kein Heilsversprechen einlösen. Mithin uneigennützig und daher fast schon moralisch "wertiger" als die egoistische Pseudo-Menschenliebe eines Christen, der zumindest seinen Platz im Himmel im Hinterkopf hat. Das war jetzt rein formalistisch betrachtet, natürlich weiß ich auch, dass es viele, viele wirklich herzensgute und uneigennützig denkende Christen gibt. Wie heißt es so schön: Die größte Gefahr geht davon aus, dass "gute" Christen leicht mit dem "Christentum" verwechselt werden können.

: : Rein vernunftmäßig/logisch betrachtet ist die Wahrscheinlichkeit, dass das christliche Heilsversprechen gehalten wird oder dass ein Hank dir 1 Mio. Euro schenkt, exakt gleich.

: Oberflächlich betrachtet sieht das so aus.

Da sind wir uns ja mal einig ;)

: Also, ich habe schon als Kind alles mögliche über Gott gelernt, wie das hier eben so üblich ist.

Ich auch ;)

: Später war mir das Ganze aber doch zu unwirklich, wobei ich aber immer an irgendeine höhere Intelligenz glaubte, denn spätestens, als es im Physik-Leistungskurs mehr Fragen als Antworten gab, wurde mir klar, dass es irgendetwas geben muss.

Natürlich kann es "irgendetwas" geben. Aber soll dieses "irgendetwas" tatsächlich durch eine recht einfach gestrickte, archaisch-primitve Buchreligion erklärt worden sein?? Mir erscheint das unwahrscheinlich.

: Jetzt kann man natürlich sagen, dass wir auch als Götter verehrt würden, wenn wir mit unserer Technik in die Steinzeit zurückkämen. Aber einige grundlegende Dinge lassen sich einfach nicht erklären. Manche werden erklärt, werfen aber wieder neue Fragen auf.

Ja, der Unterschied zwischen dir und mir liegt vielleicht zwischen Geduld und Ungeduld? Ich halte es so: Wenn etwas nicht erklärbar ist, dann ist es zunächst nicht erklärbar. Vielleicht irgendwann mal, aber noch nicht jetzt. Nun aber mit diesem erklärten Nichtwissen hinzugehen und völlig willkürlich zu sagen: Hier, seht, die Antwort: der christliche Gott, hab ich in´ner Jahrtausende alten Schriftensammlung gefunden. Gott ist ein aufgeblasenes Vakuum, gefüllt mit gar nichts, mithin Antwort auf gar nicht. Ein Krücke, eine Lebenslüge. Warum nicht zugeben: "Ich weiß es nicht"?!

: 1998 habe ich eine Gemeinde kennengelernt, wo mir meine Fragen erklärt wurden und wo ich sehen konnte, dass die in der Bibel beschriebenen Dinge auch heute noch wichtig sind.

Natürlich wurden deine Fragen beantwortet, weil du auf Menschen getroffen bist, die meinen im Besitz aller oder doch zumindest vieler Antworten bzw. der "Wahrheit" zu sein. Mir sind solche Leute per se suspekt. Der schwierigste Weg ist der Zweifel. Wenn ich zu jemandem gehen würde und derjenige erklärt mir ganz genau, wie es sich verhält, würde ich mich fragen: Woher diese Sicherheit? Warum weiß er so viel mehr als z.B. die Wissenschaften? Wie begründet er seine Antworten? Handelt es sich dabei um mehr als Spekulation?

: Für mich steht und fällt alles mit Jesus.

Womit du dich (historisch gesehen) auf einer sehr, sehr wackeligen Basis bewegst. Mir sind im Übrigen Propheten, die mit ewigwährenden Höllenqualen drohen, die von mir Glauben und kein Denken einfordern, nicht sympathisch. Aber das ist vielleicht eine Geschmacksfrage.

: Wie oben schon beschrieben war er irgendwie besonders und er war der Meinung, dass es einen Gott gibt.

Wirklich von Bedeutung wurde das Christentum erst im 4. Jh. nach unserer Zeitrechnung, zu einem Zeitpunkt als nahezu nichts mehr von Jesu Person oder gar Botschaft im Christentum präsent war. Wir haben es hier eher mit Paulinismus zu tun. Jesus hatte zweifelsohne (wenn er gelebt hat) einen Gott und zwar den Gott der Juden, Jahwe, Jehova oder wie auch immer.

: Das gilt für mich mindestens so lange, bis ein
ähnlich besonderer Mensch kommt und sagt, dass es keinen Gott geben kann. (Was ich für unmöglich halte.)

Auch eine Form von Logik. Ich informiere mich lieber, mache mir meine eigenen Gedanken über Ursachen und den Sinn von Religionen, statt auf neue Propheten zu warten. Wie bist du dir eigentlich so sicher, dass du den "neuen Jesus" überhaupt erkennen würdest? Das Christentum, aus zig verschiedenen Blickwinkeln (historisch, psychologisch, soziologisch, linguistisch usw.) betrachtet, wird schlüssig in seiner Entwicklung nachvollziehbar. Alle Gestalten, alle Heilige und Päpste wirken bei näherer Betrachtung alles andere als mystisch.

: Also, ich glaube an die Wahrheit der Bibel, aber selbst wenn man noch Abstriche machen sollte, ist klar, dass es mehr gibt als wir uns normal vorstellen können.

Dem zweiten Teilsatz stimme ich ohne Abstriche zu. Dem ersten nicht. Ich finde es überhaupt sehr befremdlich, "an Wahrheiten zu glauben". Wenn ich etwas nur "glauben" muss, heißt das per se, dass ich nicht weiß, ob es sich um die Wahrheit handeln kann. Geht nicht.

Beste Grüße,
Johnny


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