Re: kindlicher Glaube

Abgeschickt von Roger Pfau am 18 Oktober, 2003 um 19:26:39:

Antwort auf: Re: kindlicher Glaube von Stefan am 18 Oktober, 2003 um 17:37:48:

": Ich beginne langsam zu verstehen, nur bezieht sich das aber ausschliesslich auf Ihr Leben, einzig und allein. Denn ich habe mich früher dem Signal Gott und Engel massiv verweigert, es ist aber dann doch was passiert, und in meinem Leben sind Gott und die Engel tatsächlich als Verursacher von realen Wirkungen erfahrbar."

Das interessiert mich. Es ist mir klar, daß dies äußerst intime Erfahrungen sind, aber vielleicht ist es Ihnen möglich, mir an wenigstens einem Beispiel zu erläutern, wie diese Erfahrung entsteht? Ich nehme es Ihnen aber auch nicht übel, wenn Sie dies lieber nicht tun wollen.


: Ein gläubiger Mensch würde Ihnen wahrscheinlich antworten, dass wir auch eine Art "Sinnesorgan" haben für nicht-materielle Dinge. Und das Gott ja, wenn er der Schöpfer ist, durchaus sich einen Weg zum Menschen bahnen kann.

Ob wir ein solches Sinnesorgan haben, sei einmal dahingestellt; es würde Ihnen vermutlich schwer fallen, bei einer Sezierung darauf zu zeigen :-) Aber wenn wir von immateriellen Sachverhalten wie Liebe oder Freundschaft oder ähnlichem sprechen, weiß ich, worauf Sie damit verweisen und will die Aussage als Metapher für wesentlich kompliziertere Sachverhalte im Gehirn und im hormonellen System akzeptieren. Liebe und Freundschaft und dergleichen Immaterialitäten zeichnen sich aber durch Operationabilität aus. Ich kann lieben und Liebe entgegennehmen, sehr unmittelbar. Bei Gott ist diese unmittelbare Evidenz nicht gegeben.

: Transzendenz war für mich immer ein Begriff, der versucht etwas begreifbar und diskutierbar zu machen was unser eigentlichen Vorstellungskraft sich entzieht.

"q-d-sch", der althebräische Begriff, der unserem Wortfeld "heilig" entspricht, meint zunächst "getrennt (sein), ganz anders (sein)". Das würde ich deuten als "etwas, das sich unserer Vorstellungskraft entzieht". "Transzendenz" ist demgegenüber ein über Jahrhunderte von Theologen wie Philosophen gleichermaßen destillierter Begriff, der schließlich u.a. in die "Zwei-Naturen-Lehre" mündet, welche - arg zusammenfassend - besagt, daß Gott einer anderen Natur angehört als der Mensch (auch wenn er Einflussmöglichkeiten auf die andere Natur - unsere - hat). Für die Existenz einer derartigen zweiten Natur gelten die gleichen Fragen wie hinsichtlich Gott selbst.


Es scheint mir gerade klar geworden zu sein, dass wir wahrscheinlich eine völlig unterschidliche Definition des Wortes "glauben" , bzw. "der Glaube" haben, deswegen bitte ich Sie mir Ihre zu erläutern.

Glauben - Sachverhalte, deren Grad an Realität faktisch völlig unentscheidbar ist, als definitv real existent erwiesen halten oder handhaben.


Es scheint mir bei den Satanisten wie bei den Christen oder Muslimen und bei allen anderen auch darauf hinauszulaufen, daß es nicht um die Etikette, sondern um den realen Erweis geht. Menschen machen furchtbare Dinge, unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit. Christen und Muslime haben furchtbare Dinge erfahren; sie haben auch furchtbare Dinge getan. Verzeihen Sie, ich versuche immer ein Gesamtbild zu erfassen. Ich vergesse nicht das Gute, aber ich übersehe auch nicht das Üble, und am Ende kommt immer heraus: Menschen, allesamt. Wesen, die Leid erzeugen und dies rechtfertigen, womit auch immer, selbst mit ihrem Glauben.

Bin ich auf der Seite derer, die Leid erzeugen und/oder Leiderzeugung rechtfertigen? Dies erscheint mir eine sehr viel wesentlichere Frage zu sein, als die Frage, ob ich an Gott glaube oder nicht, oder ob ich Jude, Christ, Muslim, Hindu oder weiß Gott was :-) bin


": Wenn sie z.B. die christliche Lehre nehmen die Sie ja kennen, so verstehen Sie auch dass es sich dabei nicht um ein "mußt" handelt, sondern um ein "da ich es als den richtigen Weg erkannt(zu) habe(n) (glaube), wünsche ich mir für Dich auch diese Rechtleitung". Es ist im Kern daher nicht so sehr ein intellektuelles Überlegenheitsmotiv, vielmehr ein Versuch des Teilens der Wahrheit und des Glaubens als rechtem Weg, den man selbst gefunden zu habe glaubt (unabhängig davon, ob dies in der "Realität" auch so ist). "

Ich wünschte, es wäre so, es würde viele Gespräche entspannter machen. Vielleicht können Sie mir das glauben :-), daß es mir sehr lieb ist, wenn ein Christ aufgrund eines Gespräches mit mir sich noch tiefer in seinem Glauben verankert, wenn er nur zu einem höheren Maß an Klarheit und Durchdringung seiner Prämissen gelangt ist. Erhöhte Klarheit, Durchdringung der Prämissen und Einsicht, gleichgültig, in welche Richtung der Weg danach weiter geht. Also Ergebnisoffenheit. Ich glaube nicht an die Existenz einer absoluten "Wahrheit". Das äußerste, was erreichbar ist, scheint mir "Angemessenheit" zu sein, als Übereinkunft zwischen dem, wie ich die Welt beschreibe und dem, wie ich mich ihr gegenüber faktisch positioniere.

lieben Gruß

Roger



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